Die Employer-Branding-Fallen

Wie Sie Fachkräfte gewinnen und binden, ohne in die Inszenierungsfalle zu tappen.

Fachkräftemangel, Fluktuation und Employer Branding sind derzeit in aller Munde. Sie möchten sicherlich erfahren, wie Sie Fachkräfte gewinnen und langfristig binden können. Dies ist nur möglich, wenn sich potenzielle Fachkräfte bereits vor der Bewerbung und auch nach der Einstellung mit Ihrem Unternehmen identifizieren können. Wie schaffen Sie das?

Indem Sie sich bereits vor der Bewerbung als Arbeitgebermarke authentisch vom Wettbewerb differenzieren und indem Sie nach der Einstellung eine klare, verständliche und gelebte Unternehmenskultur etablieren.

Das mag zunächst einfach klingen. Warum schaffen es dennoch die meisten Unternehmen nicht, in ihrer Recruiting-Kommunikation einen echten Unterschied zu machen, sondern verfallen in austauschbare Recruiting-Floskeln? Schauen Sie sich nur die Karriereseiten von Unternehmenswebseiten oder Stellenangebote an – überall finden Sie die gleichen Aussagen, die Sie müde werden lassen.

Und warum gelingt es Arbeitgebern nicht, ihren Mitarbeitenden eine klare, verständliche Unternehmenskultur zu vermitteln und ein starkes Gemeinschaftsgefühl zu fördern? Besonders in Zeiten des New Work und mit jüngeren Generationen, die weniger Wert auf Kontinuität und Loyalität legen?

Der Grund für diese beiden Probleme (mangelnde Differenzierung vor der Bewerbung und fehlendes Gemeinschaftsgefühl nach der Einstellung) sind zwei grundsätzliche Fallen des Employer Brandings – eine in der Recruiting-Kommunikation (vor der Bewerbung) und eine in der internen Kommunikation (nach der Einstellung).

Die überwältigende Mehrheit der Unternehmen tappt in diesen beiden Fallen bei ihrer Employer-Branding-Kommunikation. Ich möchte Ihnen diese beiden Fallen aufzeigen, damit Sie ihnen entgehen können.

  1. Die Inszenierungsfalle im externen Employer Branding (Personalmarketing)

 Die Inszenierungsfalle schnappt zu, wenn sich die Recruiting-Kommunikation (bewusst oder unbewusst) AUSSCHLIESSLICH darauf konzentriert, das zu vermitteln, was angeblich gut ankommt. Dieses Phänomen ist mir als erfahrener Marketing- und Werbespezialist nach über 30 Jahren nur allzu gut bekannt.

Manche mögen nun empört Einspruch erheben und Vertriebsweisheiten zitieren à la „Der Köder muss dem Fisch schmecken“ usw. Ja, das mag stimmen, wenn man einen Fisch fangen, töten und essen möchte 😉 Jedoch ist diese Metapher für eine erfolgreiche und nachhaltige Geschäftsbeziehung zu einseitig.

Diese Metapher führt jedoch genau dazu, dass man in die Inszenierungsfalle tappt und unauthentisch sowie austauschbar kommuniziert. Die meisten Arbeitgeber versuchen genau das zu vermitteln, was dem „Fisch“ angeblich am besten schmeckt, und kommunizieren dadurch alle dasselbe.

Damit kommen wir zu den 4 Ausprägungen der Inszenierungsfalle:

1.1 Die Illusion der ethischen Floskeln: Was wirklich zählt.

 Wir alle kennen die gängigen ethischen Aussagen, die jedes Unternehmen zu machen scheint: Qualität, Respekt, Ehrlichkeit, der Mensch im Mittelpunkt, Kommunikation auf Augenhöhe und so weiter. Doch sind diese Aussagen mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden, die keinerlei Unterschied mehr macht. Sie definieren lediglich die Norm und werden oft als Floskeln und ethische Inszenierung wahrgenommen, vor allem wenn sie übertrieben werberisch dargestellt werden. Es fehlt das Besondere, das Ihre Arbeitgebermarke auszeichnet und von anderen abhebt.

1.2 Jenseits der Standardbotschaften: Die wahre Essenz eines großartigen Teams

Aussagen wie „Hier erwartet Sie ein tolles Team“, „Wir haben einen super Teamspirit“ oder „Tolle Kollegen erwarten Sie“ begegnen uns überall. Doch bleiben sie erst einmal unspezifische Behauptungen, solange sie nicht konkretisiert und bewiesen werden. Warum ist Ihr Team wirklich großartig? Was schafft dieses starke Wir-Gefühl? Welche einzigartige DNA, welcher Kitt, treibt den Teamgeist an? Die meisten Unternehmen lassen solche Behauptungen ohne greifbare Erläuterungen einfach stehen und verpassen die Chance, ihre wahre Teamkultur zu zeigen.

1.3 Mehr als nur Boni und Benefits: Die Bedeutung von Mitarbeiterleistungen

 Flexible Arbeitszeiten, Arbeitsorte und Zusatzleistungen wie Freigetränke, Fitnessstudio-Mitgliedschaften, Handys oder Jobräder sind zweifellos wichtige Rahmenbedingungen. Doch viele Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre Mitarbeiterleistungen deutlich aufgerüstet, sodass die Angebote mittlerweile vergleichbar und zum Standard geworden sind. Es ist entscheidend zu erkennen, dass Mitarbeiterleistungen nur das Sahnehäubchen und nicht der Hauptgang sind. Was macht Ihr Unternehmen darüber hinaus besonders? Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche, das Ihre Arbeitgebermarke von anderen unterscheidet.

1.4 Die Wirklichkeit jenseits der Generationen: Individuelle Bedürfnisse und Motivationen

 Im Hinblick auf den Generationenwechsel ist bekannt, dass die jüngeren Generationen (Gen Z und Gen Alpha) flexibel, unabhängig und weniger auf Beständigkeit und Loyalität ausgerichtet sind. Stattdessen legen sie Wert auf Work-Life-Balance, persönliche Weiterentwicklung und sozial-ökologische Sinnhaftigkeit. Doch viele Arbeitgeber versuchen, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, indem sie die gleichen inhaltslosen Phrasen verwenden. Dabei übersehen sie die individuellen Unterschiede und Bedürfnisse der Bewerber, die möglicherweise von den pauschalisierten Kollektivbildern abweichen. Zeigen Sie, wie Sie als Arbeitgeber diese individuellen Profile verstehen und erfüllen können.

Was haben all diese vier genannten Argumentationsschienen gemeinsam? Sie sind wichtig, aber gleichzeitig selbstverständlich. In ihrer derzeitigen Form wirken sie austauschbar, unspezifisch und werden als Floskeln wahrgenommen. Kaum jemand liest sie wirklich oder nimmt sie ernst. Als alleinige zentrale Botschaften Ihrer Arbeitgebermarke sind sie unzureichend.

Das Problem ist, dass den meisten Unternehmen etwas Wesentliches fehlt, das Bewerber wirklich von ihnen wissen wollen. Dies wird oft übersehen, weil sie sich zu sehr auf das fokussieren, was bei Fachkräften vermutlich gut ankommt. Dabei bemerken sie nicht, dass sie genau das Gleiche sagen wie die Milliarden anderer Arbeitgeber, die um dieselben Fachkräfte buhlen.

Aber was wollen potenzielle Mitarbeiter wirklich von Ihnen wissen? Ganz einfach:

Erstens: Was unterscheidet Sie von all den anderen Arbeitgebern, die gerade nach Fachkräften suchen? Was bietet Ihre Arbeitgebermarke, das einzigartig ist? Dieses Prinzip der Differenzierung kennt man von jeder erfolgreichen Positionierung.

Zweitens: Das Grundprinzip jeder erfolgreichen Beziehung bzw. die Antwort auf die Frage: Passen wir überhaupt zueinander? Wie kompatibel sind wir? Wie wird die Unternehmensidentität im Unternehmen gelebt? Diese Informationen sollten klar, verständlich und prüfbar vermittelt werden, frei von ethischen Floskeln und diffusen, generischen Behauptungen.

Ethische Grundprinzipien, Arbeitsplatzbegünstigungen und Benefits sind zwar fundamental, aber sie sind Norm und keine Differenzierungsmerkmale. Die Kommunikation dieser beiden Kernbotschaften sollte der Hauptfokus Ihrer Recruiting-Kommunikation sein. Dies ist jedoch genau das, woran die meisten Unternehmen scheitern und was ihnen nicht wirklich gelingt. Warum? Weil sie sich bewusst oder unbewusst nur auf die vier oben genannten Argumentationsschienen konzentrieren und somit in die Inszenierungsfalle tappen.

  1. Die Theorie-Falle im internen Employer Branding (Unternehmenskultur)

Eine nachhaltige Identifikation der Mitarbeiter mit Ihrem Unternehmen erfordert zweifellos eine förderliche und kompatible Unternehmenskultur. Diese Erkenntnis ist nicht neu, und solche bedeutungsschweren, theoretisierenden Sätze haben Sie sicherlich schon oft gehört. Sie haben wahrscheinlich auch Trendstudien gelesen, die belegen, dass insbesondere jüngere Generationen ein Stellenangebot ablehnen würden, wenn keine Wertekompatibilität vorhanden ist, selbst wenn Tätigkeit und Gehalt stimmen.

Die entscheidende Frage lautet also: Wie erzeugt man eine förderliche und gelebte Unternehmenskultur?

Leider wird dieses wünschenswerte Ziel häufig bereits in der Kommunikation vereitelt.

Die meisten Versuche, die Unternehmenskultur zu erläutern und zu manifestieren, enden entweder in langen, diffusen, theoretischen und austauschbaren Leitbildern, mit denen die Mitarbeitenden nichts anfangen können. Weder verstehen sie, wie sie diese umsetzen und im Arbeitsalltag leben sollen, noch erhalten sie klare Leitplanken, an denen sie sich orientieren, messen und weiterentwickeln können.

Oder es werden kurze Leitsätze, Phrasen und Worthülsen verwendet, die das Foyer und die Internetseite schmücken, aber genauso diffus, mehrdeutig und praxisuntauglich sind. Ähnlich wie in der Recruiting-Kommunikation wird auch hier oft sehr generisch und oberflächlich theoretisiert. Es werden wiederholt ethische Grundprinzipien nachgekaut: „Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt“, „Wir kommunizieren auf Augenhöhe“, „Wir achten aufeinander“, „Wir handeln als Team“, „Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter“ usw. Die Liste solcher Leitbild-Floskeln ist endlos, und sie bewirken vor allem eines: Ihre Mitarbeiter wissen nicht, was diese Phrasen konkret für ihre tägliche Arbeit bedeuten. Es fehlen klare, spezifische und prüfbare Richtlinien sowie Verantwortlichkeiten, die für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Unternehmenskultur notwendig sind.

Um die Theorie-Falle im internen Employer Branding zu vermeiden, ist es entscheidend, eine klare, verständliche und konkrete Kommunikation zu entwickeln. Die Unternehmenskultur sollte greifbar und praxisnah vermittelt werden, sodass Mitarbeiter sie verstehen, mittragen und aktiv gestalten können. Es gilt, die gelebten Werte und die Identität des Unternehmens prüfbar zu verankern und die Unternehmenskultur als echten Mehrwert zu etablieren. Nur so können Sie die Identifikation und Motivation Ihrer Mitarbeiter nachhaltig fördern und langfristig eine starke Arbeitgebermarke aufbauen.

Zwei Bereiche, Zwei Fallen, eine Lösung.

Wir haben folgendes festgestellt:

  1. Wie schaffen Sie es, dass sich Fachkräfte schon vor der Bewerbung mit Ihnen identifizieren können?

Indem Sie sich authentisch vom Wettbewerb unterscheiden, indem Sie die individuelle Unternehmensidentität, die DNA Ihrer Arbeitgebermarke klar und verständlich vermitteln. Fachkräfte müssen wissen, was Sie von anderen Arbeitgebern unterscheidet und ob eine langfristige Passung besteht.

  1. Wie schaffen Sie die Basis für eine greifbare, gelebte Unternehmenskultur und das Stärken des WIR-Gefühls?

Indem Sie die DNA Ihrer Arbeitgebermarke erkennen und verständlich, einfach und praxistauglich in den Köpfen und Handlungen Ihrer Mitarbeiter verankern.

Wie können Sie beide Bereiche Ihres Employer Brandings (externe und interne Kommunikation) auf ein neues Level bringen? Wie können Sie die Inszenierungsfalle und die Theorie-Falle umgehen und die Identifikation von Bewerbern und Mitarbeitern mit Ihrem Unternehmen fördern? Wie lautet die entscheidende Schraube, die Sie drehen müssen, um ein Fundament für nachhaltiges Employer Branding zu setzen?

Die Antwort ist… (Trommelwirbel)…

WERTE.

Vielleicht sind nun einige von Ihnen enttäuscht. Werte?? Das kann ich Ihnen nicht verübeln – im Gegenteil, ich verstehe Ihre Skepsis absolut. Denn mit dieser vermeintlichen Lösung kommt genau das Problem auf, das zu Ihrem inneren Augenrollen führen kann. Erlauben Sie mir, es zu erklären.

Es ist mittlerweile zur Pflichtübung jedes mittelständischen Unternehmens – unabhängig von der Größe – geworden, eigene Werte zu definieren. Daher klingt es auch etwas banal. Meine ketzerische Frage dazu lautet: Wozu Werte definieren? Denn am Ende langwieriger und kostspieliger Werteprozesse stehen leider oft Ergebnisse, die für die Praxis völlig unbrauchbar sind. Dies gilt leider für die überwältigende Mehrheit der Unternehmen. Dies gilt übrigens auch für selbstorganisierte Workshops.

Das Problem sehen Sie täglich:

Austauschbare Unternehmenswerte schmücken als Worthülsen das Foyer oder die Website, ohne eine greifbare Verbindung zu dem herzustellen, was Ihre Mitarbeiter, Bewerber oder Kunden über Ihr Unternehmen, Ihre Dienstleistung oder Ihr Produkt wissen möchten.

Der große Irrtum – nahezu aller Unternehmen – besteht vor allem darin, dass die Definition von Unternehmenswerten das Ende eines Prozesses darstellt. Entsprechend werden diese Begriffe und Phrasen pflichtgemäß im Web und im Foyer als endgültiges Ergebnis präsentiert. Leider können weder Mitarbeiter, Bewerber noch Kunden mit diesen Worthülsen und ihren unklaren Erklärungen etwas anfangen. Sie werden als generische Floskeln wahrgenommen und innerlich abgelehnt.

Die Definition von Werten ist nicht das Ende, sondern der Anfang, das Fundament, der Ausgangspunkt Ihrer Employer Branding Kommunikation. Die Kernwerte Ihres Unternehmens müssen in zwei Richtungen heruntergebrochen und umgesetzt werden.

Aus diesem „Werte-Destillat“ entsteht der Kern Ihrer Unternehmensidentität und somit

  1. A) die Essenz Ihrer Differenzierung vom Wettbewerb (siehe Recruiting und Inszenierungsfalle)
  2. B) die Basis einer greifbaren, gelebten Unternehmenskultur (siehe interne Kommunikation und Theorie-Falle)

Wie jedoch diese Transformation gelingt, aus den Kernwerten Ihres Unternehmens eine differenzierende Arbeitgebermarke und eine gelebte Unternehmenskultur zu schaffen, ist den Wenigsten bekannt. Entsprechend verkümmern Unternehmenswerte zu Präsentationsphrasen, eingerahmten Bildern und Compliance-Statements.

Ob Sie bereits Unternehmenswerte definiert haben oder nicht: Das ist Ihre Goldmine für Ihr Employer Branding in alle Richtungen.

© Copyright/Autor: Eugen Lakkas – weitere Publikationen

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